An den Werkstoren überwiegt die Skepsis

Den meisten Alstom-Mitarbeitern sind die Folgen der Vorschläge noch nicht klar

Von unserem Redaktionsmitglied Heiko Brohm

Mannheim. Wer nach dem Verhandlungsergebnis mit Freude bei den Alstom-Mitarbeitern gerechnet hatte, der ist enttäuscht. Die Mienen der Beschäftigten, die nach der Frühschicht das Werk Mannheim-Käfertal verlassen, gleichen den Temperaturen: Sie sind eisig. „Ich bin seit 33 Jahren hier angestellt”, sagt ein 49-Jähriger, „und so was erleben wir immer wieder. Da ist man einfach abgestumpft.” Drei junge Auszubildende zögern kurz und gehen dann weiter. „Sorry, ich sage lieber nichts”, meint einer.

Er ist nicht der Einzige: Die meisten Alstomer wollen erstmal abwarten. Was bleibt ihnen auch anderes übrig? „Man weiß vieles ja noch gar nicht”, sagt ein Arbeiter. „Es wurde noch nichts unterschrieben, und was passiert überhaupt mit den Beschäftigten, die in die neue Gesellschaft kommen sollen?” Diese Frage bewegt viele der Alstom-Mitarbeiter, die an diesem Mittag aus Tor 8 das Gelände des Anlagenbauers verlassen. Schulterzucken allerorten. Über 200 Beschäftigte sollen in eine neue Gesellschaft überführt werden, hatte es bei der Betriebsversammlung am Morgen geheißen. „Wir fragen uns jetzt alle, was die da machen sollen.” Der Mitarbeiter aus der Turbinenfertigung wundert sich, dass der Flurfunk dieses Mal völlig versagt. „Sonst erfährt man immer was, aber da hört man gar nichts.” Auch die betroffenen Kollegen wüssten nichts.

Ein 26 Jahre alter Alstomer ist dennoch erstmal erleichtert. „Prinzipiell ist es doch ganz gut, dass es weitergeht”, sagt er. Das lange Warten und die Stagnation seien zermürbend gewesen. Das geplante Ende der Generatorenfabrik hält der junge Mann für schade. „An der Qualität lag es bestimmt nicht.” Ob der Schritt notwendig sei? Er zuckt nur mit den Schultern. „Da fehlt mir der Einblick”. Er selbst habe in den vergangenen Monaten Angst gehabt um seinen Job im Dampfturbinen-Werk. „Ich bin erst 26, eine Stellenstreichung hätte mich sicher getroffen.”

Ein älterer Mitarbeiter aus dem Service-Bereich berichtet, er sei nach der Betriebsversammlung durch das Generatoren-Werk gelaufen, das dicht gemacht werden soll. „Es sah aus wie auf dem Friedhof. Viele standen zusammen und haben geredet, kaum einer war an den Maschinen. Da stirbt schon ein Teil der Fabrik.” Einer der betroffenen Generatoren-Bauer kommt vorbei, winkt aber gleich ab und geht weiter.

Einig sind sich die meisten Alstomer darin, wie wichtig ihr Kampf für die Arbeitsplätze gewesen sei. „Sonst hätten sie uns ganz platt gemacht”, vermutet ein Mannheimer auf dem Weg zu seinem Auto. Keine Kündigungen bis 2010, das sei doch schon was. „Das sind vier Jahre Sicherheit. Und jedes Jahr zählt.”